Das literarische Romandebüt von Joachim B. Schmidt
All diese Gerüchte und halbwahren Geschichten; die abgelegenen Westfjorde Islands sind voll davon. Vielleicht ist es das Zwielicht über den tiefen Fjorden oder die endlos langen Winternächte, welche die wenigen Bewohner gelegentlich den Verstand verlieren lassen.
Da gibt es diesen Grímur aus Bolungarvík, ein wilder Bastard, der mit seiner Mutter etwas abseits in einem kleinen Häuschen lebt. Außenseiter, die sich um das Treiben
im Dorf nicht kümmern. In den frühen Fünfzigern taucht wie aus dem Nichts Drífa auf. Sie komme aus der Stadt und sei Grímurs Halbschwester, heißt es, und schon bald ist das kuriose Geschwisterpaar unzertrennlich. Sie kaufen sich ein kleines Boot, um damit im Djúp fischen zu gehen. Wann immer das Wetter es erlaubt, fahren Bruder und Schwester hinaus aufs Wasser.
Eines Tages kehrt Grímur alleine von der See zurück. Auf die Fragen der Beamten gibt er keine Antwort, schweigt wie ein Grab. Schuld kann ihm nie nachgewiesen werden, doch nun sind Grímur und seine Mutter noch mehr Außenseiter als zuvor.
Grímur bleibt bei seiner Mutter bis sie stirbt. Ein mürrischer Kerl, dieser Grímur, ein Einzelgänger, der auch mal dreinschlägt. Um den macht man besser einen Bogen! Als er selber alt wird und nicht mehr zur See fährt, werfen ihm die Kinder Steine und Schneebälle an sein Häuschen, legen ihm Hundekot vor die Haustüre und zerkritzeln seine Hauswände.