Im Mittelpunkt des Romans „Jetzt ein Tiger“ steht der Engländer Victor Crabbe, der im Malaya der 1950er Jahre an einer Eliteschule Geschichte unterrichtet, während das Land konfliktreich der Unabhängigkeit von Großbritannien entgegengeht. Fasziniert von der religiösen, sprachlichen und ethnischen Vielfalt Malayas (und von seiner malaiischen Geliebten), sieht Crabbe es als die Pflicht der Briten, das Land auf eine selbstbestimmte Zukunft vorzubereiten. Seine Ehefrau Fenella indes leidet unter der tropischen Hitze, der vermeintlichen Kulturlosigkeit des Orients und dem mangelnden Kontakt zu gleichgesinnten Briten und sehnt sich zurück nach England. Doch dann machen die Crabbes die Bekanntschaft eines abgehalfterten britischen Polizisten und seines pandschabischen Untergebenen … In diesem Roman, dessen Titel den Werbeslogan einer bekannten asiatischen Biermarke zitiert, zeichnet der große britische Schriftsteller Anthony Burgess (1917–1993) ein Porträt Malayas, wie er das Land als Lehrer im Kolonialdienst selber kennengelernt hatte. Neben den meist muslimischen Malaien lebten dort in der Schlussphase der Kolonialzeit zahlreiche Inder und Chinesen, und im Dschungel führten die Briten Krieg gegen kommunistische Aufständische. All dies verbindet „Jetzt ein Tiger“ in einer für Burgess typischen Mischung aus Wortwitz, literarischen Anspielungen und treffsicherer Beobachtung zu einem komödiantischen Meisterwerk, das die Konflikte zwischen den Bevölkerungsgruppen ebenso sichtbar macht wie den Rassismus und die Unzulänglichkeit vieler Kolonialherren. Als Auftakt zu Burgess‘ berühmter Malaya-Trilogie ist der Roman eines der bedeutendsten – und eigenwilligsten – Zeugnisse der britischen Kolonialliteratur. In der Übersetzung von Ludger Tolksdorf liegt „Jetzt ein Tiger“ nun erstmals in deutscher Sprache vor, begleitet von zwei weiteren Texten von Burgess über Malaya.